Kennen Sie das Gefühl? Die Gedanken kreisen um Medikamente, Arzttermine und Routinen. Der Blick auf die Uhr verrät: Schon wieder ist ein Tag vergangen, an dem Sie für alle da waren – nur nicht für sich selbst. Als betreuender Angehöriger verliert man sich oft selbst aus den Augen. Dieser Beitrag ist für Sie, der Sie täglich Ihre Kraft, Ihre Liebe und Ihre Zeit verschenken. Es ist Zeit, darüber zu sprechen, warum Selbstfürsorge keine Selbstsucht ist, sondern eine Notwendigkeit.
Wenn die eigene Tasse leer ist
Stellen Sie sich Ihre Energie wie eine Kanne vor. Jeden Tag schenken Sie daraus ein – für Ihren pflege-oder betreuungsbedürftigen Angehörigen, für Ihre Familie, für die tausend organisatorischen Dinge, die niemand sonst erledigt. Doch wann wurde Ihre Kanne zuletzt aufgefüllt? Ist sie leer, können Sie nichts mehr geben.
"Ich hatte seit drei Jahren nicht mehr das Gefühl, wirklich durchzuatmen. Als ich eines Abends vor Erschöpfung zusammenbrach, wurde mir klar: Ich kann meiner Mutter nicht helfen, wenn ich selbst nicht mehr stehen kann." – Maria, 52, pflegt ihre Mutter mit Demenz
Die stille Schuld überwinden
Vielleicht kennen Sie diese Stimme in Ihrem Kopf: "Wie kannst du an dich denken, wenn es ihm/ihr so schlecht geht?" Diese Schuld ist ein treuer Begleiter vieler pflegender Angehöriger. Doch sie ist eine falsche Freundin. Die Wahrheit ist: Ihre Selbstfürsorge ist kein Luxus, sondern die Grundlage für alles, was Sie für Ihren Angehörigen tun.
Kleine Inseln im Alltag schaffen
Es müssen nicht die großen Auszeiten sein. Manchmal sind es die kleinen Momente, die uns wieder zu uns selbst zurückbringen:
Der Kaffee am offenen Fenster, wenn Ihr Angehöriger noch- oder wieder schläft
Das Lieblingslied, das Sie laut mitsingen, während Sie kochen
Der kurze Spaziergang, der Ihnen neue Kraft gibt
Das Telefonat mit einem Freund, bei dem Sie auch mal lachen dürfen
Der Weg zurück zu Ihren Bedürfnissen
Es ist erstaunlich, wie schnell wir verlernen können, was uns gut tut. Manche pflegenden Angehörigen berichten, dass sie nicht einmal mehr wissen, was ihnen Freude bereitet. Der Weg zurück beginnt mit einfachen Fragen:
Was hat mir früher Energie gegeben?
Wann habe ich zuletzt von Herzen gelacht?
Welcher Ort gibt mir ein Gefühl von Frieden?
Welches kleine Hobby könnte ich in meinen Alltag integrieren?
Hilfe annehmen ist Stärke, nicht Schwäche
Vielleicht der schwerste Schritt für viele: Unterstützung suchen und annehmen. Ob Pflegedienst, Tageszentrum, Nachbarschaftshilfe, Angehörigengruppen oder Familie – es gibt Menschen, die helfen können und wollen.
"Ich dachte immer, ich muss alles alleine schaffen. Als ich endlich Hilfe annahm, weinte ich vor Erleichterung. Plötzlich hatte ich wieder drei Stunden pro Woche für mich – es fühlte sich an wie ein neues Leben." – Thomas, 61, betreut seinen pflegebedürftigen Vater
Konkrete Schritte für mehr Eigenzeit
Grenzen setzen lernen: Ein liebevolles "Das kann ich heute nicht leisten" ist manchmal notwendig.
Mikro-Auszeiten planen: Selbst 15 Minuten bewusste Zeit können wie eine Oase wirken.
Routinen schaffen: Feste Zeiten für Ihre Bedürfnisse im Tagesablauf verankern.
Unterstützungsangebote recherchieren: Von Kurzzeitpflege bis ehrenamtlichen Besuchsdiensten – informieren Sie sich über Entlastungsmöglichkeiten.
Mit anderen Betroffenen austauschen: In der Gemeinschaft finden sich oft die besten Lösungen und das tiefste Verständnis.
Ein Versprechen an sich selbst
Liebe betreuende Angehörige, liebe Leserin, lieber Leser: Sie sind nicht nur Pflegeperson. Sie sind ein Mensch mit eigenen Träumen, Bedürfnissen und dem Recht auf Glück. Die Fürsorge für einen geliebten Menschen ist ein Akt der Liebe – aber diese Liebe darf auch Sie selbst einschließen.
Nehmen Sie sich heute einen Moment Zeit, um sich selbst ein Versprechen zu geben: "Ich werde einen Weg finden, für mich selbst zu sorgen – nicht trotz, sondern wegen meiner Verantwortung."
Denn nur wer ab und zu innehält, um nach den eigenen Sternen zu schauen, behält die Kraft, anderen den Weg zu leuchten.
Haben Sie Erfahrungen oder Tipps, wie Sie als pflegende Angehörige Zeit für sich finden? Teilen Sie Ihre Geschichte in den Kommentaren – Ihre Erkenntnisse könnten anderen Mut machen.

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