Zwischen Müssen, Sollen und Dürfen – die leise Kunst, das Richtige "nicht" immer zu tun
- leyroutz
- 13. Okt.
- 2 Min. Lesezeit
Es gibt Tage, da höre ich in meinem Kopf laute Stimmen. Sie sagen Dinge wie: Du solltest dich mehr bewegen. Du müsstest längst antworten. Du dürftest eigentlich gar nicht so müde sein. Das kleine Wörtchen sollen klingt so unscheinbar – und doch hat es eine erstaunliche Macht.
Sollen ist wie ein innerer Taktgeber, der uns antreibt, bevor wir überhaupt spüren, ob wir diesen Takt noch tanzen wollen. Es ist die Stimme der Erwartungen – von anderen, von der Gesellschaft, und oft auch die verinnerlichte Stimme einer früheren Zeit: Sei fleißig, sei stark, sei verlässlich. Eigentlich gute Werte. Aber irgendwann kippt das Gleichgewicht.
Wenn wir zu oft „müssen“ und „sollen“, verlieren wir das „dürfen“. Das leise, weiche Gefühl, dass wir etwas auch einfach nur wollen dürfen. Dass wir nichts beweisen müssen, um genug zu sein.
Ich beobachte das oft bei Angehörigen von Menschen mit Demenz. Sie sagen Sätze wie: „Ich sollte geduldiger sein.“ „Ich müsste öfter besuchen.“ „Ich dürfte mich eigentlich gar nicht so ärgern.“ Sie kämpfen nicht nur mit den Anforderungen des Alltags, sondern mit einem unsichtbaren moralischen Soll-Konto, das nie ausgeglichen scheint.
Aber was wäre, wenn wir das Sollen einmal zur Seite stellen?Wenn wir stattdessen fragen: Was wäre heute gut für mich – und damit auch gut für den anderen? Denn manchmal bedeutet Selbstfürsorge nicht Egoismus, sondern Ehrlichkeit.
Vielleicht ist das der erste kleine Schritt: Nicht das zu tun, was man sollte, sondern das, was man wirklich kann – und gerade braucht.
Drei Gedanken für den Alltag
Ersetze „Ich sollte“ durch „Ich möchte“ – und spür, ob der Satz dann noch stimmt.
Mach eine Pause, bevor du reagierst. Manchmal braucht das Herz länger als der Kopf, um zu antworten.
Erinnere dich: Auch du bist Teil des Systems. Wenn es dir besser geht, verändert sich alles – still, aber spürbar.








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