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Tag 110: Gefuehle bei Gedanken an die Zukunft: Zwischen Sorge und Hoffnung navigieren

  • leyroutz
  • vor 1 Tag
  • 2 Min. Lesezeit



Ich begegne täglich pflegenden Angehörigen, die zwischen verschiedensten Emotionen schwanken, wenn sie an die Zukunft mit einem demenzkranken Menschen denken. Diese Gefühle anzuerkennen und ihnen Raum zu geben, ist ein wichtiger Teil des personenzentrierten Ansatzes nach Kitwood – nicht nur für die erkrankte Person, sondern auch für Sie als Begleitperson.

Viele Angehörige berichten mir von einem Gefühlsspektrum, das von tiefer Sorge bis zu unerwarteten Momenten der Hoffnung und Dankbarkeit reicht:


Angst und Sorge sind natürliche Reaktionen. Sie fragen sich vielleicht: Wie wird sich die Demenz entwickeln? Werde ich den Anforderungen gewachsen sein? Was, wenn ich selbst krank werde? Diese Sorgen anzuerkennen ist wichtig und keineswegs ein Zeichen von Schwäche.

Trauer und Verlust begleiten den Demenzprozess kontinuierlich. Sie trauern um den Menschen, wie Sie ihn kannten, um gemeinsame Zukunftspläne, manchmal auch um Ihre eigene Lebensgestaltung, die sich verändert. Diese "antizipatorische Trauer" – das Trauern um Verluste, die noch kommen werden – ist ein wichtiger Teil des emotionalen Verarbeitungsprozesses.

Schuldgefühle tauchen häufig auf: Mache ich genug? Mache ich das Richtige? Sollte ich mehr Geduld haben? Hier ist es wichtig zu wissen, dass Sie als Angehöriger nicht perfekt sein müssen, sondern "gut genug" – mit all Ihren menschlichen Grenzen.

Aber es gibt auch positive Emotionen, die Kraft geben können:

Dankbarkeit für gemeinsame Momente, für kleine Erfolge, für Unterstützung durch andere.

Hoffnung – nicht unbedingt auf Heilung, aber auf wertvolle gemeinsame Zeit, auf würdevolle Begleitung, auf eigenes Wachstum durch diese Herausforderung.

Verbundenheit in einer neuen, veränderten Form der Beziehung, die trotz der Erkrankung bedeutungsvoll sein kann.


In meiner Praxis erlebe ich, dass besonders jene Angehörigen den herausfordernden Weg gut bewältigen, die ihre ambivalenten Gefühle zulassen und sie mit anderen teilen. Wenn Sie ausschließlich funktionieren, ohne Ihre eigenen Emotionen wahrzunehmen, besteht die Gefahr der Erschöpfung und des Ausgebranntseins.

Tom Kitwood betonte, dass wir Menschen mit Demenz am besten unterstützen können, wenn wir selbst im emotionalen Gleichgewicht sind. Daher meine Empfehlung: Nehmen Sie Ihre Gefühle ernst, sprechen Sie darüber – mit Freunden, in Angehörigengruppen oder professioneller Beratung. Und vergessen Sie nicht, dass es normal und menschlich ist, zwischen Hoffnung und Verzweiflung, zwischen Liebe und Überforderung zu schwanken.

Die Zukunft mit Demenz ist ungewiss, aber Sie müssen diesen Weg nicht alleine gehen. Es gibt Unterstützung, Gemeinschaft und immer wieder auch unerwartete Momente der Verbundenheit und Freude, die Kraft geben können.

 
 
 

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© 2021 Christine Leyroutz - Alle Fotos von Fotografie_Lebzelt

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