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„Die stille Wut: Wenn sich Pflege wie eine Strafe anfuehlt“

  • leyroutz
  • 29. Juni
  • 2 Min. Lesezeit

Ambivalenz und unterdrückte Wut sind keine Zeichen von Lieblosigkeit – sondern Hinweise auf emotionale Überforderung und alte Wunden.

Wenn Liebe und Wut gleichzeitig wohnen


Viele Angehörige kennen diesen inneren Zwiespalt: Man sorgt sich, man gibt alles – und gleichzeitig gärt etwas Dunkles unter der Oberfläche.„Warum gerade ich?“„Ich wollte nie wieder zurück in dieses Haus.“„Sie hat mich nie wirklich gesehen – und jetzt soll ich mich um sie kümmern?“

Diese Gefühle werden selten offen ausgesprochen. Zu groß ist die Scham, die Angst vor Verurteilung. Doch emotionale Ehrlichkeit ist notwendig, um die eigene Würde zu wahren – gerade in der Rolle der pflegenden Person.


Was ist stille Wut?

Stille Wut ist ein leises, chronisches Gefühl der Ungerechtigkeit, das sich oft in:

  • Gereiztheit,

  • innerer Abwertung der erkrankten Person,

  • psychosomatischen Symptomen (z. B. Erschöpfung, Schlafstörungen),

  • oder sogar Rückzug äußert.

Oft ist diese Wut nicht neu – sie ist alt. Sie stammt aus einer Kindheit, in der man sich nicht gesehen, benachteiligt oder benutzt fühlte. Jetzt, durch die Pflege, bricht sie erneut auf.


Pflege als Trigger für alte Verletzungen

Wenn der Elternteil hilflos wird, gerät das Bild ins Wanken. Man sieht nicht nur die Kranke – sondern auch die, die früher geschrien, kontrolliert oder entwertet hat.Pflege kann in solchen Fällen wie ein innerer Zwang wirken – eine unfreiwillige Reinszenierung einer alten Ohnmacht.


Typisch sind Gedanken wie:

  • „Ich kann ihr nie etwas recht machen – selbst jetzt nicht.“

  • „Ich tue alles, aber sie schaut durch mich hindurch.“

  • „Ich will, dass es vorbei ist – aber ich schäme mich für diesen Wunsch.“


Was hilft in dieser Lage?

  • Die Wut anerkennen, nicht wegdrücken. Sie ist kein Zeichen von Kälte – sondern von Tiefe.

  • Psychologische Begleitung oder Gesprächsgruppen nutzen, um Raum für das „Unerhörte“ zu schaffen.

  • Entlastung suchen: Pflege muss nicht selbstaufopfernd sein. Man darf Aufgaben abgeben – auch innerlich.


Abschließender Impuls

Wer sich erlaubt, die eigene Ambivalenz zu spüren, wird handlungsfähiger. Wahre Fürsorge beginnt nicht mit Schuld – sondern mit der Erlaubnis, Mensch zu sein. Auch mit Wut. Auch mit Grenzen.


 

 
 
 

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© 2021 Christine Leyroutz - Alle Fotos von Fotografie_Lebzelt

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