Wenn Loslassen schwerfällt – zwischen Kontrolle und Vertrauen in der Demenzbegleitung
- leyroutz
- 5. Okt.
- 2 Min. Lesezeit
„Nur ich weiß, was meine Mutter wirklich mag.“ – Dieser und ähnliche Sätze fällen in Gesprächen mit pflegenden Angehörigen immer wieder. Dahinter steckt kein Egoismus, sondern tiefe Fürsorge und Verantwortung. Wer einen geliebten Menschen mit Demenz begleitet, möchte alles tun, damit es ihm gut geht. Doch manchmal wird dieses „Alles-selbst-in-der-Hand-haben“ zur eigenen Belastung.
Loslassen klingt so leicht, ist aber oft eines der Schwersten. Kontrolle gibt Sicherheit. Sie vermittelt das Gefühl, noch etwas bewirken zu können in einer Situation, die sich so oft unkontrollierbar anfühlt. Aber Kontrolle kostet auch Kraft. Und irgendwann merkt man, dass sie einem zwischen den Fingern zerrinnt.
Gerade in der Demenzbegleitung ist Vertrauen ein Schlüssel:
Vertrauen darauf, dass auch andere gut unterstützen können.
Vertrauen in professionelle Helfer:innen, die vielleicht manches anders machen, aber dennoch liebevoll.
Vertrauen in den Menschen mit Demenz selbst, dass er trotz aller Einschränkungen noch eigene Wege findet.
Loslassen heißt nicht, sich zurückzuziehen oder aufzugeben. Es bedeutet, Verantwortung zu teilen. Es bedeutet, Räume entstehen zu lassen, in denen andere tragen können – und in denen man selbst wieder Luft bekommt zum Atmen.
Ich habe in meiner Arbeit oft erlebt, dass Angehörige aufblühen, sobald sie merken: „Ich muss nicht alles allein schaffen.“ Dieses Loslassen ist ein Prozess. Manchmal beginnt er ganz klein – etwa indem man akzeptiert, dass der Vater im Pflegeheim die Suppe kalt isst, obwohl man selbst darauf achten würde, dass sie warm bleibt.
Vielleicht steckt in genau diesem Moment eine leise Freiheit: zu spüren, dass es nicht immer perfekt sein muss, damit es gut ist.
Gerade hier auf Kur merke ich selbst, wie ungewohnt es ist, loszulassen: den Alltag, die To-do-Listen, das Gefühl, gebraucht zu werden. Es fühlt sich fremd an – und gleichzeitig kostbar. Denn im Loslassen entsteht Raum, mich wieder zu spüren. Vielleicht ist es genau das, was ich meinen Klient*innen und Angehörigen oft mitgebe: Vertrauen lernen beginnt auch bei uns selbst.
Reflexionsfrage:Wo halte ich gerade noch fest – und wo könnte ich heute einen kleinen Schritt des Loslassens wagen, um mir selbst und anderen Vertrauen zu schenken?








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