"DU" bist nicht deine Gedanken
- leyroutz
- 10. Okt.
- 3 Min. Lesezeit
Wenn der Verstand zur Ruhe kommt
Manchmal fühlt es sich so an, als wäre der Kopf ein unermüdlicher Motor, der niemals stillsteht. Gedanken über gestern, Sorgen über morgen, Pläne, To-do-Listen, Zweifel. Doch es sind nicht die Gedanken an sich, die uns unglücklich machen – sondern dass wir uns mit ihnen verwechseln.
Der Verstand ist ein Werkzeug. Ein genialer, kraftvoller Begleiter, der uns ermöglicht, Probleme zu lösen, Strukturen zu schaffen und unser Leben zu gestalten. Aber er ist nicht wir. Wenn wir vergessen, dass wir mehr sind als unsere Gedanken, verlieren wir leicht den inneren Frieden.
Sobald wir innehalten und hinter die Gedanken treten, spüren wir: Da ist etwas in uns, das größer ist als das, was der Kopf gerade erzählt. In diesem Raum entsteht Ruhe – manchmal sogar Glück.
Es ist, als ob man auf einer Bank am Waldrand sitzt und die Gedanken wie vorbeiziehende Wolken betrachtet. Manche sind hell und freundlich, manche dunkel und schwer. Aber keine bleibt für immer. Diese Erfahrung schenkt Freiheit: Ich muss nicht jede Wolke festhalten, ich darf sie ziehen lassen.
Negative Gedanken erkennen – und verwandeln
Ein wichtiger Schritt auf diesem Weg ist, die eigenen negativen Gedanken sofort zu bemerken. Oft rauschen sie wie selbstverständlich durch unseren Kopf: „Das schaffe ich sowieso nicht“ oder „Ich bin nicht gut genug“. Wenn wir innehalten und uns diesen Satz bewusst machen, können wir entscheiden: Will ich das wirklich glauben?
Manchmal hilft es, dem Verstand sanft einen neuen Gedanken anzubieten. Zum Beispiel:
Aus „Das wird viel zu viel“ darf werden: „Ich gehe Schritt für Schritt, und das reicht“.
Aus „Ich bin schon wieder gescheitert“ darf werden: „Ich lerne und wachse an jeder Erfahrung“.
Es geht nicht darum, etwas schönzureden. Sondern darum, den Fokus bewusst auf Gedanken zu lenken, die Kraft und Vertrauen schenken.
Ein praktisches Beispiel
Stell dir vor, du hast dir vorgenommen, mehr Bewegung in deinen Alltag zu bringen. Nach einem anstrengenden Tag kommt sofort der Gedanke: „Ich bin zu müde, ich schaffe das sowieso nicht regelmäßig.“ Wenn du innehältst, erkennst du: Das ist nur ein Gedanke. Du atmest tief ein, trittst einen Schritt zurück – und ersetzt ihn durch: „Ich gehe jetzt einfach zehn Minuten raus, das tut mir gut.“ Und plötzlich fühlt sich die Aufgabe leichter an.
Was heißt das für unseren Alltag?
Gerade im vollen, oft fordernden Alltag – ob in der Familie, im Beruf oder in der Pflege von Menschen mit Demenz – vergessen wir diese Möglichkeit schnell. Wir nehmen jeden Gedanken ernst, als wäre er eine unumstößliche Wahrheit. Doch in Wahrheit sind es nur Geschichten, die unser Verstand erzählt.
Wenn wir üben, ab und zu innezuhalten, zu atmen, uns in die Beobachterrolle zurückzulehnen und vielleicht sogar einen negativen Gedanken bewusst durch einen hilfreichen zu ersetzen, dann verändert sich etwas:
Wir reagieren weniger impulsiv.
Wir erkennen, dass wir auch in schwierigen Momenten innere Ruhe finden können.
Wir entdecken, dass Glück nicht im Außen entsteht, sondern im Abstand zu unseren Gedanken.
Ein kleiner Impuls für dich
Vielleicht magst du es ausprobieren: Schließe für einen Moment die Augen, spüre deinen Atem. Stell dir vor, deine Gedanken sind wie Wolken am Himmel. Du sitzt darunter, fest verwurzelt auf der Erde. Alles darf da sein – und gleichzeitig bist du frei.
Das ist kein magischer Trick, der sofort alles verändert. Aber es ist wie ein leises Zurückfinden zu sich selbst. Immer wieder.
Persönliche Schleife
Ich erlebe das gerade ganz stark hier auf der Kur. Vollgepackte Tage sind leichter, weil der Kopf beschäftigt ist – doch die eigentliche Übung beginnt in den Lücken dazwischen. In diesen ruhigen Momenten meldet sich der Verstand sofort: „Du musst doch noch…“, „Du solltest eigentlich…“. Früher wäre ich diesen Stimmen automatisch gefolgt. Jetzt versuche ich, sie zu erkennen und leiser zu drehen. Manchmal gelingt es, manchmal nicht – und das ist völlig in Ordnung.
Was ich spüre: In dem Moment, in dem ich einen negativen Gedanken erkenne und bewusst durch einen sanfteren ersetze, wird es leichter. Dann darf der Tag einfach sein, und ich auch.
Und vielleicht ist genau das die eigentliche Einladung: Frieden beginnt nicht erst, wenn alles perfekt ist. Sondern genau hier, mitten im ganz normalen Chaos des Lebens – wenn wir uns erlauben, nicht jeder Wolke hinterherzulaufen.








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