Freiheit ist unser groeßtes Gut.....Fuersorge auch
- leyroutz
- vor 4 Tagen
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Das schlechte Gewissen gehört zu den treusten Begleitern pflegender Angehöriger. Es sitzt am Küchentisch, fährt im Auto mit und meldet sich genau dann, wenn Entscheidungen getroffen werden müssen, die früher selbstverständlich waren – heute aber nicht mehr sicher sind.
Eine Frau erzählt mir von ihrem Bruder. Ein erwachsener Mann mit einem langen Leben voller Selbstbestimmung. Er möchte unbeschränkt zur Bank gehen, Geld abheben, „wie immer“. Und irgendwo zwischen diesen Worten spürt man das Echo seines früheren Alltags. Doch jetzt gibt es eine Bankvollmacht, eine Grenze pro Woche, und einen Bankbeamten, der mitdenkt. Und es gibt eine Gattin, die weiß: Ohne diese Struktur würde er binnen Stunden hohe Beträge verlieren oder in Situationen geraten, die ihn gefährden.
Also fährt sie mit ihm zur Bank, achtet auf feste Abläufe. Und dennoch sitzt das schlechte Gewissen neben ihr, als hätte es sich selbst eingeladen.
Darf man das? Darf man einem erwachsenen Menschen Grenzen setzen? Darf man ihn lenken, begleiten, umleiten?
Man darf nicht nur. Man muss es manchmal.
Nicht aus Macht. Nicht aus Bevormundung. Sondern aus Verantwortung.
Demenz nimmt die Fähigkeit, Risiken zu erkennen und Folgen abzuschätzen. Entscheidungen, die früher problemlos tragbar waren, können heute ruinös sein. Ohne Unterstützung würden manche Menschen ihre Finanzen verlieren, Verträge unterschreiben, Dinge kaufen, die sie nie nutzen – und am Ende stehen sie allein vor den Konsequenzen.
Dass es weh tut, zeigt nicht, dass man etwas falsch macht. Es zeigt, dass man verbunden ist.
Die Ehefrau des Mannes erzählt, dass sie nur noch bestimmte Geschäfte mit ihm besucht. Sonst würde er Unmengen kaufen, die er weder braucht noch nutzen kann. Und genau das ist Fürsorge: Entscheidungen mitdenken, die jemand selbst nicht mehr überblicken kann. Die emotionale Last liegt bei den Angehörigen, nicht bei der erkrankten Person.
Vielleicht sollten wir statt der Frage „Darf ich das?“ öfter fragen: „Wie kann ich ihn schützen, ohne ihn klein zu machen?“
Manchmal zeigt sich Fürsorge in kleinen Schritten: mitgehen, erklären, Struktur anbieten, Alternativen schaffen, Wünsche ernst nehmen und gleichzeitig die Konsequenzen im Blick behalten.
Demenz ist ein Abschied von der völligen Autonomie – aber kein Abschied von Würde. Und genau da beginnt die feine Balance zwischen Freiheit und Schutz.
Empfehlung für Angehörige
Sprich Entscheidungen laut und wertschätzend aus. Sätze wie „Ich begleite dich, damit alles gut läuft“ schaffen Verbundenheit und nehmen Druck. Und hol dir Unterstützung: Niemand muss diese Verantwortung allein tragen.








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