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Tag 105

  • leyroutz
  • vor 3 Tagen
  • 3 Min. Lesezeit

Demenz und Muttertag: Ein Tag voller Erinnerungen – und neuer Wege des Miteinanders

Ein Beitrag für betreuende Angehörige


Der Muttertag ist für viele Familien ein besonderer Tag – ein Tag der Dankbarkeit, der Rückschau und der Zuneigung. Doch wenn eine Mutter an Demenz erkrankt ist, verändert sich dieser Tag. Erinnerungen verblassen, Rituale verlieren ihre Bedeutung, Worte fehlen. Für betreuende Angehörige ist der Muttertag deshalb oft ein emotionaler Spagat zwischen Trauer, Liebe und der Suche nach einem neuen, passenden Ausdruck von Nähe.


Als Gerontopsychologin und Demenzexpertin weiß ich: Der Muttertag bleibt bedeutsam – aber auf andere Weise. Gerade wenn Sprache und Erinnerungen sich zurückziehen, gewinnen emotionale Momente und nonverbale Kommunikation an Gewicht. Was zählt, ist nicht mehr das „Feiern wie früher“, sondern das Fühlen im Jetzt.



Was bedeutet Muttertag bei Demenz?



Für viele Töchter und Söhne ist dieser Tag mit der Hoffnung verbunden, die Mutter, wie sie einmal war, noch einmal zu spüren. Doch Demenz verändert – und sie fordert uns heraus, alte Vorstellungen loszulassen und neue Formen der Begegnung zu finden. Nicht selten erleben Angehörige an solchen Tagen einen schmerzhaften Kontrast zwischen Vergangenheit und Gegenwart.


Dennoch kann der Muttertag – gerade unter diesen Umständen – ein intensiver, liebevoller Tag sein. Denn auch wenn die Erkrankung vieles nimmt, bleibt das emotionale Gedächtnis oft lange erhalten. Gefühle, Zuwendung, Musik, Düfte oder Berührungen erreichen die erkrankte Mutter auf einer tiefen, meist unbewussten Ebene.



Wie kann ein „guter“ Muttertag bei Demenz aussehen?



Es gibt keine Patentlösung – wohl aber Haltungen und Gesten, die Verbindung ermöglichen:


1. Erwartungen loslassen – Präsenz gewinnen

Der Wunsch nach „wie früher“ ist verständlich, aber oft schmerzhaft. Wenn wir unsere Erwartungen loslassen, können wir offen sein für das, was jetzt möglich ist – sei es ein Lächeln, ein ruhiger Spaziergang, gemeinsames Händehalten oder das Hören eines vertrauten Liedes.


2. Emotionale Anker setzen

Musik aus früheren Jahrzehnten, Lieblingsdüfte, bekannte Speisen oder vertraute Gegenstände können Erinnerungen aktivieren. Vielleicht erkennt Ihre Mutter das Lied nicht – aber sie spürt die Stimmung, die Nähe, die Geborgenheit.


3. Die Beziehung würdigen – nicht die Vergangenheit beweisen

Sie müssen Ihrer Mutter nicht beweisen, wer Sie sind. Auch wenn sie Sie nicht mehr erkennt – Sie sind fühlbar da. Ihre Stimme, Ihr Blick, Ihre liebevolle Berührung tragen mehr Bedeutung als jeder Blumenstrauß.


4. Sich selbst nicht vergessen

Gerade an emotionalen Tagen wie dem Muttertag kann der Druck groß sein. Erinnern Sie sich: Auch Sie dürfen heute umsorgt werden. Vielleicht durch ein Gespräch mit vertrauten Menschen, durch eine Pause in der Natur oder durch einen Moment der Stille.



Ein Muttertag der anderen Art – und doch voller Liebe



Vielleicht sitzt Ihre Mutter heute still neben Ihnen, vielleicht versteht sie nicht, warum dieser Tag besonders ist. Und doch: Ihre Nähe, Ihre Geduld, Ihre Zuwendung machen diesen Tag zu einem echten Ausdruck von Liebe. Eine Liebe, die nicht auf Gegenseitigkeit beruht, sondern auf Verbundenheit – über Worte und Erinnerungen hinaus.


Demenz verändert Beziehungen – aber sie kann auch Raum schaffen für eine neue, tiefere Form von Zärtlichkeit. Als Fachfrau sehe ich immer wieder: Auch kleine, scheinbar unscheinbare Momente können voller Bedeutung sein.



Mein Impuls für Sie:



Feiern Sie nicht, was war. Erleben Sie, was ist.

Und erinnern Sie sich daran: Die Verbindung zu Ihrer Mutter ist nicht an Erinnerungen gebunden – sie lebt im Gefühl. Und das bleibt oft viel länger erhalten, als wir denken.


In Verbundenheit,


Christine Leyroutz

 
 
 

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