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Tag 113: Alte Faehigkeiten wuerdigen: Die Schaetze der Biografie neu entdecken

  • leyroutz
  • vor 1 Tag
  • 2 Min. Lesezeit

Mit Fokus auf personenzentrierte Demenzbegleitung im Sinne Kitwoods liegt mir ein Thema besonders am Herzen: die Wertschätzung der Lebensleistung und Kompetenzen von Menschen mit Demenz. Zu oft reduzieren wir Menschen mit kognitiven Einschränkungen auf ihre Defizite, anstatt ihre reiche Biografie und erhaltenen Fähigkeiten zu würdigen.

Tom Kitwood betonte die Bedeutung der "personhood" – des Personseins – das auch bei fortschreitender Demenz erhalten bleibt und geschützt werden muss. Ein wichtiger Aspekt davon ist die Anerkennung der individuellen Lebensgeschichte und der damit verbundenen Kompetenzen.

Wie können Sie heute konkret die Fähigkeiten und Interessen Ihres Angehörigen würdigen?


Entdecken Sie biografische Schätze:

  • Schauen Sie gemeinsam alte Fotos an, die Ihren Angehörigen in seiner beruflichen Rolle oder bei einem Hobby zeigen

  • Sprechen Sie wertschätzend über frühere Leistungen: "Du warst wirklich eine hervorragende Lehrerin" oder "Deine Handarbeiten haben alle bewundert"

  • Holen Sie Werkzeuge, Instrumente oder andere Gegenstände hervor, die mit früheren Tätigkeiten verbunden sind


Schaffen Sie Erfolgserlebnisse:

  • Überlegen Sie, welche Teilaspekte früherer Tätigkeiten noch möglich sind – vielleicht kann der ehemalige Schreiner kein Möbelstück mehr bauen, aber Holz schleifen und den Duft genießen

  • Passen Sie Aktivitäten so an, dass sie trotz Einschränkungen gelingen können – vereinfachen Sie Rezepte, nutzen Sie spezielle Werkzeuge oder bieten Sie Hilfestellung

  • Achten Sie auf das richtige Maß an Herausforderung – weder Über- noch Unterforderung


Integrieren Sie bedeutsame Tätigkeiten in den Alltag:

  • War Ihr Angehöriger ein leidenschaftlicher Gärtner? Vielleicht kann er beim Umtopfen von Zimmerpflanzen helfen oder Blumen für die Vase aussuchen

  • War Musik ein wichtiger Teil des Lebens? Ermöglichen Sie das Zuhören oder einfaches Musizieren

  • War handwerkliches Geschick wichtig? Bieten Sie einfache Sortier- oder Reparaturaufgaben an


Würdigen Sie nicht nur Produktivität:

  • Auch charakteristische Eigenschaften wie Humor, Fürsorglichkeit oder Naturverbundenheit sind Teil der Identität

  • Schaffen Sie Situationen, in denen diese Eigenschaften zum Tragen kommen können

  • Sprechen Sie diese Eigenschaften explizit an: "Dein Humor hat mir immer gutgetan" oder "Du hast ein besonderes Auge für Farben"

Dokumentieren und teilen Sie:

  • Halten Sie Erinnerungen und Fähigkeiten in einem Lebensbuch fest

  • Erzählen Sie anderen von den Fähigkeiten und Leistungen Ihres Angehörigen

  • Beziehen Sie Pflegekräfte in das biografische Wissen ein, damit auch sie den Menschen mit seiner Geschichte sehen


    In meiner praktischen Arbeit erlebe ich immer wieder, wie Menschen mit Demenz aufblühen, wenn ihre früheren Kompetenzen anerkannt werden. Eine Dame, die früher Buchhalterin war, sortierte mit Begeisterung Belege – nicht mehr für die Steuererklärung, sondern für ein Bastelprojekt. Ein ehemaliger Musiklehrer, der nicht mehr sprechen konnte, begann zu dirigieren, als seine Lieblingsmusik erklang.


Die Würdigung von Fähigkeiten und Interessen ist nicht nur für den Menschen mit Demenz wertvoll – sie hilft auch Ihnen als Angehörigem, den geliebten Menschen in seiner Ganzheit wahrzunehmen, jenseits der Krankheit. Sie schafft Verbindung und kann selbst in fortgeschrittenen Stadien der Demenz zu berührenden Momenten der Begegnung führen.

Bedenken Sie: Die Identität eines Menschen geht nicht verloren, wenn das Gedächtnis nachlässt. Sie ist bewahrt in seinem Körper, in seinen Vorlieben und Abneigungen, in eingeübten Bewegungen – und nicht zuletzt in der Erinnerung und Wertschätzung derer, die ihn lieben.



 
 
 

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© 2021 Christine Leyroutz - Alle Fotos von Fotografie_Lebzelt

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